Jens Lehmann MdB

Wir sind keine Gerichtsinstanz

Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2019

"Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 2019“ - hinter dem doch recht unscheinbar wirkenden Titel verbirgt sich mehr, als es zunächst erscheint. Viel mehr. 

Finden Sie meine gesamte Rede im folgenden Text und hier verlinkt.

Zum einen ist die Anzahl der eingereichten Petitionen – meine Kollegen erwähnten es bereits – abermals gestiegen, um 2,5 Prozent auf insgesamt 13 529 Petitionen, die zeigen, wie sehr die Bürger vom Instrument der Petition Gebrauch machen, um auf Missstände hinzuweisen oder auch Gesetzesänderungen anzuregen. Mein geschätzter Kollege Oster hat es letztes Jahr sehr treffend formuliert – ich zitiere –:

Das Petitionsrecht ist … ein starker Baustein in Sachen direkter Demokratie.

Die Bürger bauen auf diesen Stein,

(Beifall bei der CDU/CSU)

sie nutzen dieses Element der direkten Demokratie, um sich an der Architektur des Staates zu beteiligen; das belegen die Zahlen.

Die gestiegene Zahl der eingereichten Petitionen, die im Tätigkeitsbericht beschrieben sind, zeigt jedoch noch etwas anderes, was sich hinter dem Titel verbirgt, nämlich die Mehrarbeit für alle Beteiligten: die Mitarbeiter des Ausschusses und der Fraktionen, die Mitarbeiter der Abgeordnetenbüros und die Mitglieder des Ausschusses. Mich freut dieses Mehr an Arbeit. Es gibt uns die Möglichkeit, dass wir uns – neben der Arbeit in den Wahlkreisen – direkt mit den Anliegen der Bürger auseinandersetzen und im Rahmen der Möglichkeiten des Petitionsausschusses für Verbesserungen sorgen.

Lassen Sie mich dies anhand ausgewählter Beispiele aus dem aktuellen Jahresbericht etwas näher erläutern. Die derzeit wohl bekannteste Petition ist die Petition „Rettet die Bäder!“ der DLRG. Hier war sich der Petitionsausschuss fraktionsübergreifend einig: Es muss etwas geschehen, wir müssen dafür sorgen, dass die Bäderschließungen gestoppt werden, damit vor allem unseren Kindern das lebensnotwendige Schwimmen beigebracht werden kann. Daher bitten wir mit dem höchsten Votum des Ausschusses, dass sich die Bundesregierung dieser Petition annimmt.

An dieser Stelle möchte ich unseren Bundesinnenminister Horst Seehofer freundlich an den in Aussicht gestellten Goldenen Plan erinnern, den er im vergangenen Dezember auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes erwähnt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Nicht nur die DLRG, sondern vor allen Dingen viele Breitensportler und Spitzenathleten freuen sich, wenn dieser Plan zur Anwendung kommen wird.

Im Petitionsausschuss bekommen wir auch Petitionen eingereicht, welche die Bundeswehr betreffen. Als Mitglied des Verteidigungs- und des Petitionsausschusses habe ich an dieser Stelle dankenswerterweise einen sehr guten Überblick über die Sachlage und kann diese aus einer weiteren Perspektive betrachten. So erreichten uns beispielsweise Petitionen, welche militärische Tiefflüge oder das Betanken in der Luft stark einschränken wollten, weil die Beschränkung die Lebensqualität in den betroffenen Gebieten erhöhen würde. Demgegenüber stehen die militärischen Erfordernisse der Bundeswehr. Solche Petitionen zeigen uns also, wie schwierig es manchmal ist, wenn unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die eingereichten Petitionen zeigen uns vor allem aber, dass Schicksale hinter den Anliegen stecken. Die Eingaben an den Bundestag können auch Bereiche direkt vor unserer eigenen Haustür berühren. Ich erlaube mir daher, zwei Petitionen zu erwähnen, die aus meinem Wahlkreis – Leipzig I – kommen und die mich inhaltlich besonders berührt haben:

Die erste Petition richtet sich gegen eine Flugroute am Leipziger Flughafen; hier wollen Menschen aus meiner Nachbarschaft Änderungen an den Flugrouten erreichen.

Die zweite Petition befasst sich mit der Aufarbeitung von DDR-Unrecht, nämlich den sogenannten gestohlenen Kindern der DDR. Sie kennen es vermutlich noch aus der letzten Aussprache: Es geht um Kinder, die gegen den Willen ihrer Eltern zur Adoption freigegeben wurden, wo teilweise sogar der Tod von Säuglingen durch die staatlichen Stellen der DDR vorgetäuscht wurde. Wenn wir hier als Petitionsausschuss unseren Beitrag dazu leisten können, dass den Betroffenen geholfen wird, und eine Lösung zum Wohle der Betroffenen finden, dann erfüllt mich die Arbeit im Petitionsausschuss mit großem Stolz.

Ich möchte aber auch vor allzu großen Erwartungen an den Petitionsausschuss warnen. Wir sind eben keine Gerichtsinstanz, die Entscheidungen in die eine oder andere Richtung fällt. Wir befassen uns mit Themen und sprechen im höchsten Fall deutliche Empfehlungen an die zuständigen Bundesministerien aus, wenn etwas geändert werden kann und sich ein Ministerium mit einem Thema befassen soll. Wir empfehlen aber auch, Petitionen abzulehnen, weil wir dem Anliegen nicht entsprechen können. Zusammengefasst: Auch wenn unsere Voten nicht immer im Sinne des Petenten sind, sie sind vor allem wohlüberlegt und gründlich durchdacht; denn wir nehmen jede Petition sehr ernst und prüfen umfassend den Inhalt, um zu unserem Votum als Berichterstatter zu kommen.

Daher möchte ich alle Bürger auffordern, von den Möglichkeiten des Petitionswesens Gebrauch zu machen. Wenden Sie sich direkt an den Deutschen Bundestag, nutzen Sie das im Grundgesetz verankerte Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden! Wir werden uns um diese Bitten kümmern.

Abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen Abgeordneten, den Mitarbeitern des Ausschusses und der Fraktionen sowie den Mitarbeitern der Abgeordnetenbüros für die akribische und umfassende Arbeit bedanken: Sie sorgen dafür, dass jede Petition die ihr zustehende Aufmerksamkeit bekommt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)